Es war eine vollkommen neue Erfahrung, aber wer hätte gedacht, dass sich das Küssen so gut anfühlen würde. So genoss ich diese neue intime Berührung sichtlich. Als die Luft jedoch allmählich etwas knapp wurde, löste sich Aiden und ich tat es ihm gleich, wenn auch vielleicht etwas widerwillig. Ein angenehmes Prickeln hinterblieb jedoch auf meinen Lippen und das glückselige Grinsen konnte ich mir wirklich nicht verkneifen. Nur zu gerne ließ ich mich von Aiden in seine Arme schließen und lehnte mich leicht gegen seine Brust. "Hab ich dich etwa so sehr in Aufruhr gebracht?", witzelte ich etwas auf meine übliche Art und Weise wieder.

In Aufruhr war irgendwie nicht ganz das richtige Wort, aber es kam dem schon ziemlich nahe. "Überzeug dich doch selbst." Da ich Euan eh schon in den Armen hielt, konnte ich eine Hand auf seinen Haarschopf legen und ein wenig dirigieren, damit er meinen viel zu schnellen Herzschlag hören konnte. Das war wohl der beste Beweis dafür, dass mich das Ganze überhaupt nicht kalt ließ. Daher war es wohl auch ganz gut, noch einen Augenblick länger so zu bleiben. Vielleicht half es ja, um wieder ein wenig runter zu kommen. Vorhin waren wir beide so wunderbar entspannt gewesen, aber davon schien kaum mehr etwas übrig geblieben zu sein.

Ich lehnte ja bereits schon etwas an Aidens Brust und so ließ ich mich die wenigen Zentimeter zur Seite führen. Dort, wo Aidens Herz war und als ich mich noch etwas näher an Aiden lehnte, konnte ich seinen Herzschlag deutlich hören. Als ich das schnelle Pochen wahrnahm, konnte ich nicht anders, als leicht zu lächeln. Dies sah Aiden aber vermutlich nicht. Es mochte sich merkwürdig anhören, aber irgendwie machte es mich glücklich, wenn ich der Grund hierfür war. "Beruhigt es dich, wenn ich dir sage, dass es mir nicht anders geht?", wollte ich mit einem leichten Grinsen in meiner Stimme wissen, jedoch ohne meinen Kopf von seiner Brust wegzubewegen.
Man sah mir sowas vielleicht nicht sofort an, da ich recht gut war, meine Gefühle zu verbergen - zumindest vor anderen. Aber selbst ich hatte ja gemerkt, wie stark mein Herz schlug. In der Zwischenzeit hatte ich meine Arme um Aidens Rücken geschlungen, denn den Körperkontakt wollte ich gerade keineswegs vermindern.

"Ein wenig," gab ich zu, ohne jedoch loszulassen oder abzurücken. Dafür fühlte es sich einfach zu gut an. Wir waren so oder so nicht sonderlich zögerlich bei Berührungen, da war das hier einfach nur ein schöner Moment. Ein wenig fuhr ich durch die grauen Haare, hielt Euan jedoch nicht davon ab, sich anders anzukuscheln. Es half ein bisschen, um runter zu kommen, zu verarbeiten, was vorhin geschehen war. Jetzt hatte das Wort 'Partner' scheinbar eine ganz andere Bedeutung dazu gewonnen und war nicht nur, um einander zu ärgern. Das hätte ich früher kaum für möglich gehalten. Vor allem nicht bei Euan. Dieser überraschte mich doch immer und immer wieder.
"Vorhin wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Du hast mich vollkommen überwältigt." Auch wenn ich es irgendwie erwartet hatte. Es war eben doch etwas anderes, so etwas tatsächlich zu hören.
"Aber ich liebe dich auch. Ich hoffe nur, du willst das nicht jeden Tag von mir hören." Ein wenig lachte ich beim letzten Satz, denn ich konnte mir gut vorstellen, dass ich genau das tun würde. Nur um meinem Partner eine Freude zu machen.

Daraufhin sagte ich nichts, sondern gab nur einen zufriedenen Laut von mir. So blieb ich weiterhin entspannt an Aiden gelehnt, seine Nähe sichtlich genießend und hatte sogar die Augen geschlossen. Ich merkte schließlich, wie mir Aiden heute nun schon zum zweiten Mal durch die Haare fuhr, doch fand ich, dass solche Berührungen zwischen uns auf einmal eine ganz andere Bedeutung angenommen hatten. Sie waren natürlich nicht unüblich, aber dennoch schien es für mich so, als ob etwas anders dabei wäre. Doch keineswegs im negativen Sinne. Bei Aidens nächsten Worten hatte ich schon etwas sagen wollen, doch blieben mir die Worte nahezu im Hals stecken, als ich das darauffolgende hörte, woraufhin ich überrascht wieder die Augen öffnete. Dass er es tatsächlich noch sagen würde, hatte ich nicht erwartet. "Wer überwältigt hier wen?", nuschelte ich gegen seine Brust, unsicher, ob Aiden es überhaupt verstehen würde. Oder hören sollte. Doch war es nicht zu leugnen, wie glücklich mich diese paar Wörtchen gemacht hatten. Ein leises Lachen entfloh dann meinen Lippen. "Ich kenne dich doch", antwortete ich darauf nur. Ich hatte in den letzten Jahren gemerkt, wie er zu Körperkontakt in der Öffentlichkeit stand, ob sich nach heute etwas ändern würde, war fragwürdig. Wenn nicht, war es mir auch recht. Doch unter uns würde ich sicherlich nichts dagegen haben. Ich tickte anders, aber wollte Aiden keineswegs unter Druck setzen. Dass es heute so weit gekommen war, war mehr, als ich mir je erhofft haben könnte.

Scheinbar hatte ich den Spieß erfolgreich umgedreht, denn nur war Euan wohl in Verlegenheit geraten. Das war ein erstaunlich gutes Gefühl, denn das zeigte ja doch die Wirkung meiner Worte. Ein Grund mehr, es öfter zu sagen. Allerdings nur, wenn wir unter uns waren. Ich war mir nicht sicher, wie es in ein paar Jahren einmal aussehen würde, aber noch war die Öffentlichkeit einfach noch eine andere Sache. Das heute war stellenweise doch recht viel gewesen, obwohl ich gerne zugab, dass es ein schöner Tag gewesen war. So etwas würde eben auch mit der Zeit kommen, genauso wie ein paar andere Dinge.
"Solange wir jedoch alleine sind... hast du mich ganz für dich." Nicht nur abends. Ich konnte mir so etwas wie jetzt durchaus auch öfter vorstellen. Einfach, weil es schön war, Zeit zu zweit zu verbringen.

Mir kam es so vor, als ob ich eine gewisse Schadenfreude von Aiden wahrnehmen konnte. Aber die wollte ich ihm auch mal gönnen. Vor ihm, mir Verlegenheit anmerken zu lassen, war vollkommen in Ordnung. Zumal er es bei Gelegenheit wieder zurückbekommen würde. Einiges ändert sich ja vielleicht doch nicht, dachte ich dann mit einem innerlich amüsierten Lächeln. "Das will ich doch auch hoffen", gab ich dann doch einen frechen Kommentar, denn ich mir einfach nicht hatte verkneifen können, lehnte aber dann schon längst mit wieder geschlossenen Augen an Aidens Brust. "Aber das reicht mir schon", meinte ich dann, nun eine Spur sanfter. Es war zwar fragwürdig, für wie lange, aber wie ich schon sagte. Ich kannte Aiden und er sollte sich die Zeit nehmen, die er brauchte.

So frech wie Euan wieder war, schien wieder alles bester Ordnung zu sein. Das war schön zu wissen. Keine Gedanken mehr darüber, ob sich etwas zum Schlechten ändern könnte. "Ja? Ich hätte sonst vorgeschlagen und unter die Decke zu verziehen. Da ist es wärmer und wenn du mir einschläfst muss ich nicht versuchen dich ins Bett zu kriegen." Ich traute es Euan durchaus zu, jetzt wegzunicken, denn das schien ihm eindeutig zu gefallen. Aber die ganze Zeit zu sitzen war vielleicht keine allzu gute Idee.
Wie gut ich selbst einschlafen würde, konnte ich noch nicht sagen. Es war nicht so, dass ich noch immer Panik deswegen bekam, in der Hinsicht hatte sich mein Problem eindeutig gebessert, aber manchmal blieb ich einfach wach. Ohne dass ich sagen konnte, woran es eigentlich lag. Umso besser, dass Euan da war und wohl auch bleiben würde.

Erstmal bekam Aiden keine richtige Antwort von mir, sondern nur ein nicht ganz so begeistertes Murren. Immer fand ich es gerade sehr gemütlich und behaglich. Doch hörte sich sein Vorschlag wirklich nicht schlecht an. Ich war eigentlich immer aktiv und voller Energie, weshalb es mir bisher noch nicht richtig aufgefallen war, aber allmählich bahnte sich eine gewisse Müdigkeit an. Der Kampf heute hatte wohl deutlich mehr Anstrengung und Kraft gekostet, als ich gedacht hatte. Die Niederlage hatte natürlich auch ihren Teil dazu beigetragen, nachdem mein Adrenalinspiegel so plötzlich abgesunken war. "Hm, eigentlich klingt der Vorschlag doch recht verlockend", lenkte ich schließlich ein und ließ nun etwas von Aiden ab, damit er wieder mehr Bewegungsfreiheit hatte.

Bei dieser Reaktion musste ich einfach ein wenig lachen. Das war ja schon regelrecht niedlich, wie Euan sich weigerte. Allerdings schien er die Sache doch noch mal zu überdenken. Ich ließ ihm die Zeit, damit er auf den richtigen Gedankengang kommen konnte. Immerhin versprach es doch nur bequemer zu werden.
"Es wird schon nicht schlechter sein," versprach ich daher auch amüsiert und nutzte den gewonnenen Freiraum, um die Decke zurück zu schlagen. Dann klopfte ich auf die Matratze. "Komm, leg dich hin." Zwar bestand ein markanter Größenunterschied zwischen uns beiden, allerdings wollte ich einfach mal die Plätze tauschen.

Aidens Lachen auf meine Reaktion überging ich einfach mal so weit, es war gerade ja wirklich sehr bequem gewesen. Auf seine nächsten Worte hin, war ich selbst aber schon wieder am Grinsen. "Wenn du dabei bist, dann sowieso nicht", erwiderte ich zwar etwas keck, aber waren meine Worte genauso gemeint, wie ich es gesagt hatte. Sowas hätte ich auch vor den heutigen Ereignissen so unbedarft rausgehauen. Aber es entsprach nun mal der Wahrheit, dass ich die Zeit, die ich mit Aiden verbringen konnte, in jeder Sekunde vollstens ausnutzte. "Ja ja", folgte ich sodann seiner Aufforderung und ließ mich auf die Matratze fallen. Wie ich so dalag, spürte ich dann eine erneute Welle der Müdigkeit und Erschöpfung, die mir sagte, dass es langsam wirklich an der Zeit war, sich etwas zu erholen.

Das war schon wesentlich besser. Allerdings beeilte ich mich nicht ganz so sehr dabei, mich hinzulegen. Mit den Füßen angelte ich dabei gleich nach der Decke, damit es auch gleich kuschelig wurde. Alleine bei den Gedanken begann mein Herz wieder zu flattern. Das würde heute wohl doch viel schwieriger mit dem Einschlafen werden... Dabei war es nicht unbedingt das erste Mal, dass ich mit Euan in einem Bett schlief.
Den Kopf legte ich einfach auf der Brust meines Partners ab, da brauchte ich kein Kopfkissen für. Es hatte etwas Beruhigendes so zu liegen, zumindest hatte ich das schon früher festgestellt. "Obwohl du nicht mal etwas tust, schlägt mein Herz wieder wie wild..." Das war eine komplett neue Erfahrung. Trotzdem schloss ich die Augen, um mich einfach auf Euans Atem zu konzentrieren, ruhiger zu werden und einfach die Nähe zu ihm zu spüren.

Von meiner liegenden Position aus, lag mein Blick mal wieder auf Aiden. Aber was sollte ich denn auch sonst ansehen? Doch schon hatte sich Aiden dazu gelegt und seinen Kopf auf meiner Brust abgelegt. Keineswegs eine unbekannte Situation, doch wie auch alle anderen eigentlich gewohnten Berührungen zwischen uns, schien es nun wieder wie etwas Neues. Es hinterließ jedoch kein beunruhigendes Gefühl. "Liegt wohl an meinem unwiderstehlichen Charme", erwiderte ich, was mehr im Scherz, als im Ernst gemeint war. Keine Ahnung, ob dies nun eher hilfreich sein oder das Gegenteil bewirken würde, tastete ich nach Aidens Hand, um meine Finger mit den seinen zu verschränken. Meinen anderen freien Arm platzierte ich hinter meinem Kopf und schloss selbst die Augen. Ich gehörte zu der Sorte Mensch, die innerhalb von Minuten einschlafen konnte, wenn sie wollte. Aidens Nähe tat das Übrige und es dauerte wirklich nicht lang, bis ich weggenickt war.

Mit einem leisen Lachen hielt ich Euans Hand fest, nahm den Halt ohne darüber nachzudenken einfach an. Diese freche Zunge würde ich sicherlich vermissen, würde ich wieder alleine wohnen müssen. Man gewöhnte sich einfach daran, auch wenn es noch immer Momente gab, in denen er mich aus der Fassung brachte. Da war es wohl gut, dass ich diesen Hitzkopf nicht so schnell missen musste. Ich würde ihn nicht mal loswerden können, selbst wenn ich wollen würde.

Es verging einiges an Zeit, aber ich konnte nicht sagen, wie viel genau. Aber ich konnte spüren, wie Euans Atmung ruhiger wurde, langsamer. Man, der konnte wirklich wie ein Stein schlafen... Manchmal beneidete ich ihn durchaus deswegen. Gähnend betrachtete ich unsere verschränkten Finger. Es war so eine kleine Geste, aber sie machte mich doch ziemlich glücklich. Schon verrückt eigentlich.
Allmählich passte ich mich Euans Atmung an, nur noch darauf konzentriert, um wirklich einzuschlafen. Auch die Gewissheit, dass Jemand da war um alles Schlechte fernzuhalten, half dabei.

Mit dem Gefühl des Gewichts von Aidens Kopf auf meiner Brust und seiner Hand in meiner hatte ich schnell Schlaf gefunden. Dennoch hatte ich einen ungewöhnlich leichten Schlaf, weswegen ich meistens schon von kleinen Geräuschen wieder wach wurde. Seit ich jedoch Aiden hatte, hatte sich auch das etwas geändert. Er war nämlich nicht der Einzige, der in Gegenwart des anderen besser schlief. Wobei ich lediglich gelernt hatte, entspannter zu schlafen. Angefangen hatte sich das ja nur aufgrund seiner Albträume und ich hatte irgendwie helfen wollen. Dass wir das noch später so beibehalten würden, hätte ich damals wohl noch nicht gedacht. Aber ich war froh drum und würde das um nichts auf der Welt wieder hergeben können. Unbewusst hatte ich dabei im Schlaf meinen Druck auf Aidens Hand für einen Moment etwas verstärkt, ganz so als eine Art Geste, um zu sagen, dass er mich wirklich nicht mehr los wird.